Am Freitag ging es für mich um 07:41 Uhr los, um nach 7,5 Stunden Bahnfahrt in Erlangen anzukommen. Zu meiner Überraschung verlief diese Reise nahezu reibungslos in dem Sinne, dass ich mit lediglich fünf Minuten Verspätungen an meinem Ankunftsziel ankam. Dadurch wurde ich einer der ersten Teilnehmenden, welche am Hotel eintrafen, weswegen mir noch ausgiebig Zeit blieb, mich in meinem Hotelzimmer zu entspannen und Erlangen zu Fuß zu erkunden.
Um etwa 18:45 Uhr tagte der AK Schulschach – meine erste Veranstaltung an diesem Wochenende. Inhaltlich ging es um den Deutschen Schulteam-Cup 2024, welcher zu Beginn des kommenden Jahres stattfinden wird. Dazu wurden bereits die Ausschreibungen auf der Seite der Deutschen Schachjugend veröffentlicht. Darüber hinaus befassten wir uns mit einigen anstehenden Reformen, welche im nächsten Jahr auf der Jugendversammlung beantragt werden und holten uns dazu ein Meinungsbild ein. Die anstehenden Punkte befassten sich dabei mit folgenden vier Anträgen, die sich allesamt auf die Deutschen Schulschachmeisterschaften abzielen.
1.) Veränderung der Wertung in der WK G. Die bisherige Wertung lautet: 1. Brettpunkte, 2. Buchholz, 3. Anzahl Siege. Dies soll nun geändert werden zu 1. Mannschaftspunkte, 2. Buchholz, 3. Brettpunkte.
2.) Die WK G M soll als offizielle Veranstaltung etabliert werden, sodass auch dieser Wettkampf u.a. als Schulveranstaltung anerkannt wird.
3.) Die Wettkampfklassen IV, III und II sollen nicht mehr nach dem Alter der teilnehmenden Schüler*innen eingeteilt werden, sondern nach Klassenstufen.
4.) Die WK II soll weg von den 6er-Teams wieder zurück zur 4er-Mannschaftsstärke.
Abseits von diesen Anträgen überlegten wir uns, ob eine inoffizielle Deutsche Meisterschaft der WK I sinnvoll ist. Beim Treffen der Schulschachreferenten am Sonntag traf dieser Vorschlag allerdings auf einige Gegenstimmen.
Sollten die oben genannten Anträge auf der Jugendversammlung 2024 abgesegnet werden, so könnten die Änderungen dennoch bis 2026 auf sich warten lassen, da anschließend noch die einzelnen Länder ihre Ordnungen dementsprechend anpassen müssen.
Nach diesem Zusammenkommen gingen wir direkt über in die Abendveranstaltung, in welcher die Schulschachsituation von dreier unserer Nachbarländer vorgestellt wurden. In den Niederlanden boomt Schulschach seit langer Zeit (der schachliche Exportschlager unseres westlichen Nachbarn ist schließlich auch die Stappenmethode), auch in Österreich existiert Schach als Schulfach – in drei Schulen ist es sogar möglich, im Fach „Schach“ seine Matura abzulegen! Und in der Schweiz existiert Schulschach zwar, allerdings gibt es dort keine flächendeckende Organisation, welcher sich um die Durchführung kümmert. Alle drei Länder scheinen jedoch von der Idee, das Schulschachpatent nach deutschem Vorbild in ihren Nationen einzuführen, sehr angetan. Es herrscht demnach ein reger Austausch von Ideen in unseren europäischen Ländern.
Der Samstag erwies sich, wie in allen vorigen Jahren auch – als die Essenz des Schulschachkongresses. Insgesamt 18 Workshops zu drei verschiedenen Zeitslots wurden durchgeführt – und dabei auch eine bunte Palette an Themen behandelt. Vom leistungsorientierten Training und wie dieses durchgeführt wird, über Schach als integratives Medium bis hin zu schachverwandten Gesellschaftsspielen konnte alles besucht werden.
Mein persönliches Anliegen als Schulschachreferent und Vollzeit-Schachtrainer besteht vor allem darin, Schach als ein inkludierendes Mittel zu verwenden. Dazu fand auch gleich im ersten Block ein Workshop zu meinem Herzensthema statt: „Schach als Mittel der Integration im Schulbereich“ (Susanne Morsi) - und ich durfte dann mit meiner Kleingruppe auf das Thema 'Schach und Autismus' eingehen. Schön, Menschen kennenzulernen, die sich mit diesem Gebiet befassen, beziehungsweise beschäftigen möchten.
Nach einer Mittagspause (und einer verausgabenden Session im hoteleigenen Fitnessstudio) stand für mich als zweiter Workshop „Methodik Kinderschach bis hin zum Training mit Dykalkuliekindern“ (Harald Niesch) an. Hierbei blieb bei mir der Eindruck hängen, dass die vorgestellten Methoden auch für die Kinder meiner Grundschule einen gewissen Wert bergen könnten. Denn auch wenn es vorrangig um die Ausmerzung von Dyskalkulie ging, so verstecken sich in den beschriebenen Vorgehensweisen auch einige praktische Tipps zur Gestaltung von Schachstunden.
Als letzte Veranstaltung des Tages besuchte ich den Workshop „Denkschulung in spielerischer Form am Schachbrett“ (Manfred Grömping) – einen Arbeitskreis, welchen ich bereits beim Schulschachkongress in Schwerin besuchte. Inhaltlich ging es dabei um Spiele und Denkaufgaben, die mal mehr, mal weniger mit Schach zusammen hingen. Als Beispiel seien dazu „Bauern mähen“, „Springerrundreise“, „Springerhüpfen“ und „Fußballschach“ genannt. Aber auch schachähnliche Gesellschaftsspiele wie „Hive“ oder „Kamisado“ wurden präsentiert. Eine nette Zusammenstellung verschiedener Ideen, wie eine Schach-AG alternativ aufgezogen werden kann.
Für viele über 80 Teilnehmer*innen endete damit auch bereits der Schulschachkongress, denn am Sonntag fanden lediglich zwei weitere Events statt: „Treffen der Schulschachreferenten“ sowie „Treffen der Schachschulen“. Für mich hingegen erwiesen sich beide Workshops als inhaltlich interessant, doch aufgrund der terminlichen Kollision nahm ich nur das Treffen der Schulschachreferenten wahr. Hier besprachen wir im Wesentlichen die Ergebnisse des AK Schulschachs, ehe wir zu Diskussionen über Probleme innerhalb der einzelnen Bundesländer übergingen. Diese Punkte erwähnte ich bereits weiter oben in diesem Beitrag.
Jetzt, am frühen Sonntagnachmittag (14:03 Uhr), lange nach dem Checkout, warte ich noch in der Lobby des Hotels. Weil für mich zum Zeitpunkt der Ticketbuchung noch nicht ersichtlich war, wie lange der Sonntag dauern würde, buchte ich einen Zug ab 15:00 Uhr. Macht allerdings nichts, denn damit konnte ich die Zeit zum Tippen dieses Berichts nutzen, ehe ich die siebenstündige Rückreise antreten werde.
Dennis Papesch